Semper Fidelis Limo
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Semper fidelis
Limit 10.05.1993 – 10.12.2020
Ein wunderschön gezeichneter Nachkomme des Landgraf I aus der Holsteiner Zucht.
In fast 20 Jahren hat sich mein Limo vom verrückten Huhn zum tanzenden besten Freund entwickelt.
Dieser schicke braune Wallach hat mich damals auf einem Turnier, auf dem ich als Zuschauerin war, mit einem Blick in seinen Bann gezogen, der mich ohne es zu diesem Zeitpunkt zu merken, tief ins Herz getroffen hat. Denn die damalige Reiterin von ihm hatte mich gebeten ihn kurz mal zu halten, weil sie irgendwas holen musste. Tja, so spielt das Leben…
Einen Charakter aus purem Gold, ein Wesen aus Feuer und ein Herz voller Liebe, so könnte man Limo versuchen zu beschreiben.
Sein Herz hatte mein Schatz allerdings hinter einer Mauer versteckt. Ich vermute, dass er durch seine Vergangenheit sich selbst geschützt hatte. Das bedeutet rückblickend, dass es an mir lag diese Mauer zu überwinden. Denn nach außen war er ein großes Pferd mit Feuer im Hintern, doch im inneren war er immer sehr schnell aus dem Konzept zu bringen.
Ich erinnere mich gut an eine Situation, die zeigte, wie misstrauisch er tatsächlich war. Eine schnelle Handbewegung in seine Richtung, bei der ich mir gar nichts dachte und schon zog sich Limo innerlich zurück. Trotz allem hat er sich mir gegenüber nie komplett verschlossen. Dieses Verhalten eines Pferdes kannte ich bis dahin nicht wirklich und so musste ich einen Weg finden Limo meine Hand zu reichen.
Dies habe ich dann auch lange Zeit versucht und dabei nicht gemerkt, dass wir uns mit der Zeit stetig angenähert haben und ich des Öfteren durch eine unbedachte Handlung meinerseits wieder einen kleinen Rückschritt eingeleitet habe.
Denn dazu kam noch der Umstand, dass Limo anfangs keine Leckerli aus der Hand nehmen wollte. Die Bestechungs – Strategie fiel also komplett flach und das war auch gut so.
Im Lauf der Zeit hat Limo natürlich gemerkt, dass Leckerli sehr lecker sind – vor allem mit Bananengeschmack . Doch es blieb immer so, dass man Limo mit Futter nicht beruhigen konnte und er in für ihn unheimlichen Situation alles an Futter verweigert hat. Sprich, Limo war absolut kein Politiker.
Naja, aber irgendwie musste ich ja über diese Mauer kommen, um sein Vertrauen in allen Lebenslagen zu gewinnen. Nur wie? Prinzipiell hat Limo mir gesagt, wie ich über diese Mauer komme. Leider habe ich eine Zeit lang gebraucht bis ich „Limos Worte“ gecheckt hatte.
Wahrscheinlich hat er sich manchmal gedacht, dass ich recht fest auf der Hauptleitung stehe. Wenn man Limo fragen könnte, würde er wahrscheinlich sagen, dass er eine Strategie gesucht hat mir begreiflich zu machen, was los ist.
Gut, irgendwann habe ich dann anscheinend doch begriffen, was er mir „gesagt“ hat. Meine Strategie war die mich einfach auf die Koppel, in die Box oder beim Laufen Lassen in die Halle zu setzen, mein Herz zu öffnen und zu warten.
UND nun ist was Wundervolles passiert. Ich musste nicht mehr über die Mauer, sondern Limo hat mir das Tor in seiner Mauer geöffnet, damit ich durch gehen konnte.
Die Reise eines Pferdes und eines Menschen wurde in diesem Augenblick zur Reise eines Teams .
Das merkte ich natürlich nicht nur im Umgang, sondern auch beim Reiten. Denn meine Intension war damals tatsächlich mich reiterlich bis zu meinem erträumten Ziel – der schweren Klasse – weiterzuentwickeln.
Ich nehme mal vorweg, dass Limo es mir ermöglicht hat mein Ziel noch zu übertreffen.
Angefangen haben Limo und ich bei der L – Dressur und ich musste recht schnell feststellen, dass dem Herrn unter meinem Hintern diese Aufgabe nicht genügte. Alles, was ihn nicht forderte, fand er einfach stinkweilig.
Ein oft gesagter Satz von mir ist der, dass eine „lange Seite im Galopp“ zu reiten für mich wesentlich schwieriger ist, als eine Diagonale mit 15 Einerwechseln. Das ist wirklich schwer zu glauben, doch das ist so typisch für Limo.
Alles, bei dem die meisten anderen Pferde einen Knoten in die Hufe bekommen war für ihn ein Kinderspiel. Eine lange Seite zu galoppieren war oft sehr spannend, denn vor lauter durch die Gegend schauen haben wir des Öfteren aus der geraden Linie eine kreative Schlangenlinie gemacht.
Jedenfalls sind wir jedes Jahr eine Klasse hochgewandert und doch recht schnell dort gelandet, wo er endlich tanzen durfte.
Auch wenn ich die Turnierreiterei heute mit ganz anderen Augen sehe, war es eine so geniale Zeit. Ich spreche hier aber nicht nur über die vielen Schleifen, die wir gesammelt haben, sondern mehr über alles, was noch dazugehört.
Ich habe es Limo zu verdanken, dass ich das Privileg hatte einen Frack tragen zu dürfen.
Sein genialstes reiterliches Geschenk an mich war ein ganz besonderes Turnier im Jahre 2011. Wir waren damals in Löbnitz und dort gab es eine Dressurquadrille.
Als wir dort ankamen wurde ich gefragt, ob ich mitreiten will und diese Ehre habe ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Am Rande erwähnt sei das, dass ich mal wieder keine Ahnung hatte, was auf mich bzw. uns zukommt und auf was ich mich da eingelassen hatte. Kurz erklärt war es so, dass sich 12 Teilnehmer der S -Prüfungen dieses Turniers am Samstagabend am Viereck eingefunden haben UND zwar ohne Pferd. Wir bekamen einen Zettel mit der Aufgabe und dann war das Chaos perfekt. Der Rest ist vorerst Top-secret.
Ergebnis des Ganzen war eine harmonische Quadrille aus 12 Reitern auf S** – Niveau im großen Reitstadion.
Limo hat das so toll gemacht, denn wenn ich ehrlich bin, dann hatte er einen Plan, ich weniger.
Was sich so einfach liest war aber tatsächlich ein Weg mit vielen Hindernissen und eine harte Schule.
Immer, wenn wir ein Hindernis beseitigt hatten, dann war ein neues schon in Sicht. Deshalb sage ich immer, dass ich jede Baustelle beim Reiten durchhabe.
Ein größeres Hindernis kam allerdings nach seiner Turnier – Karriere noch dazu.
Denn Limo hatte im Jahr 2013 einen Unfall auf der Koppel, wo ich bis heute nicht weiß, was wirklich passiert ist. Ich wollte meine beiden Jungs von der Koppel holen und Limo hatte sich das rechte Augenlid schwer verletzt. Darauf folgte eine ungewisse Zeit mit dem Endergebnis, dass das Licht seines rechten Auges erloschen war. Seitdem hätte man sagen können, dass Limo ein Handicap hatte. Für mich war es aber ein „special effect“. Doch bis wir zusammen problemlos mit diesem effect umgehen konnten, war nicht ganz einfach. Mit Hilfe eines Glöckchens an meinem Arm hatten Limo und ich eine Art „Geheimsprache“ entwickelt, die uns wieder alles ermöglichte.
Nachdem wir uns bis zu diesem Unfall ja schon wirklich lange kannten, hatten wir damals bereits eine sehr feste Verbindung. Aber seit dem Zeitpunkt, wo Limo nur noch ein Auge zum Sehen hatte, wurde mir klar, was es bedeutet wirklich „blind zu vertrauen“.
An dieser Stelle möchte ich auch erwähnen, dass Pferde mit special effects – egal, welcher Art – nicht nur Nachteile mit sich bringen. Man sollte sich einfach fokussieren, dass alles auch Vorteile hat.
In meinem Fall hat mich Limo nochmal gravierend sensibilisiert und mir gezeigt, dass jedes kleinste Signal eines Pferdes, was zu bedeuten hat und dass er mich z.B. mit seinem Ohr „sehen“ kann.
Ich kann jedem nur empfehlen sich vor einem special effect eines Pferdes nicht zu verschließen oder deswegen sogar ein Pferd abzulehnen, sondern lässt Euch auf diesen speziellen Weg ein und gebt Euch die Chance ebenfalls eine Art Geheimsprache zu entwickeln, die Euch irgendwann erlaubt in die Seele eines Tieres blicken zu dürfen.
Doch, das Wichtigste kommt bekanntlich ja immer zum Schluss.
Viele werden sich nun etwas wundern, aber das ist auch gut so. Die letzten Jahre, als Limo ein Oldie war, waren rückblickend die wertvollsten überhaupt.
Nun stellt sich die Frage, warum ich das so sehe. Limo hat in seinen Oldie – Jahren mir gegenüber sein Herz nochmals weiter geöffnet und ich konnte zusätzlich in seine Seele blicken.
Jede Regung von ihm war für mich ein Zeichen, dass ich verstanden habe. Nach einer so langen und intensiven Zeit kennt man sich so genau, wie kein anderer.
Ja, das Reiten stand weit hinten an, da mein wundervoller Freund schlicht und ergreifend zu alt war, um sportliche Leistung zu erbringen. Aber er hat immer für mich gekämpft und mich souverän auf seinem Rücken getragen – er hat mich bis auf einem gemeinsamen Purzelbaum im Gelände in 20 Jahren nie verloren, dass nun ich an der Reihe war für ihn da zu sein.
UND ich habe das gerne getan. Sehr gerne und meine Fürsorge bis zum Anfang der Regenbogenbrücke kam aus ganzem Herzen.
Limo und ich hatten in der letzten Zeit das Spazieren gehen für uns entdeckt. Aber nicht nur stinklangweiliges durch die Gegend latschen, sondern auch das haben wir etwas anders gemacht, als es so üblich ist.
Auf der Straße geradeaus ist ja mal ganz nett, aber eben langweilig. Also entstand ein Mix zwischen Bodenarbeit, Kunststücken und alles, was uns in Weg kam, wurde zur kleinen Aufgabe, die man gemeinsam gemeistert hat.
Ein kleiner special effect von Limo war auch, dass er nie wirklich still stehen wollte. Stehen war aus seiner Sicht einfach überbewertet. Das war für mich dezent kontraproduktiv bzgl. Des Aufsitzens. Limo war des Öfteren schon weg, als ich in den Sattel steigen wollte. Naja und in seinen Oldie – Jahren hat er mich dann am Halfter ohne Sattel bei kleinen Spaziergängen getragen.
Einen kleinen Haken hatte das aber tatsächlich. Ein kleinen süßen Haken. Limo wäre nicht Limo gewesen, wenn er nicht doch ein kleiner Scherzkeks gewesen wäre. Hier denke ich an solche Kleinigkeiten wie mir beim Hufe auskratzen in den Allerwertesten zu „beißen“ oder mich beim Eindecken an der Jacke mit seinen Zähnen festzuhalten.
Hier meine ich aber etwas ganz Spezielles. Limo hasste Fliegen wie Sau. Bereits im Anflug einer Fliege hat er schon die Krise bekommen und diese blöden Dinger haben sich mit Vorliebe auf seinem Hintern platziert. Limo entgegnete den Mistviechern mit einem dezenten Popo in die Luft schleudern. Oft wurde ich gefragt, warum er so bockt und ich sagte immer, dass das ein Fliegen – vom Popo – Abwehr hüpfen ist. Der kleine angesprochene Haken war der, dass er das beim Reiten (ohne Sattel) auch gemacht hat. Naja, sein Hals war ja bis zum Schluss immer noch so kräftig, dass ich ihn einfach umarmt habe, wenn er seinen Popo in die Luft geschmissen hat und das Katapult von hinten kam. Sprich ich habe mich einfach am Lenker festgehalten und dann gehofft, dass die Fliege weg ist, weil das Hüpfen so lange ging bis das Mistvieh tatsächlich weg war. Plus jeder Hüpfer wurde immer höher und mit mehr Schmackes dahinter. Wenn der Satz eines Beobachters fiel „Karo, was macht denn ihr zwei da?“, habe ich immer geantwortet „hab alles im Griff“.
Ich könnte tatsächlich noch ewig weiter schreiben über die Dinge, die in knapp 20 Jahren mit meinem Süßen passiert sind. Was ich aber sagen will ist das, dass die Oldie – Jahre so wundervoll waren. Reiten kann man immer auf irgendwelchen Pferden. Aber so intensive Jahre hat man nur mit den Oldies.
Seid bitte alle nicht so dumm die älteren Pferde wegzugeben und lasst Euch diese Zeit nicht entgehen.
Die kurze Antwort auf die Frage, was tatsächlich passiert ist, ist die, dass eine schwere Verletzung am Hinterbein vor zwei Monaten zwar relativ gut überstanden war, doch dann zwangen die Folgen derer und eine zusätzliche Verletzung mich meinem Schatz chronische Schmerzen beider Hinterbeine zu ersparen.
Ihn bis zum Anfang der Regenbogenbrücke zu begleiten und bis zum letzten Atemzug bei ihm zu sein, war für mich eine Ehre, wenn auch ein unbeschreiblich trauriger Moment.
Bevor ich noch ein paar Worte an meinen Limo richte, liegt mir noch etwas auf dem Herzen.
Ohne meinen Vater, der mir Limo geschenkt hat, wären all diese wundervollen Momente nicht möglich gewesen. Aber es geht nicht nur um den Kauf von Limo, sondern um die gemeinsame wunderschöne Zeit und auch darum, dass wir einfach immer zu dritt (bzw. zu viert mit seinem und unserem Professor Fuchs Sarino) unterwegs waren. Sprich mein Vater wurde ebenfalls eine wichtige Vertrauensperson für Limo, denn Limo hat auch meinen Vater in sein Herz gelassen und somit waren wir ein mega Team .
Ich danke meinem Vater unendlich, genauso wie meinem Limo.
Mein lieber Limo:
„Es ist unendlich wertvoll, was ich alles von Dir lernen durfte. Reiterlich hast Du mich gefordert und mit einer Geduld mir immer wieder erklärt, was ich zu tun habe und vor allem was nicht, bis ich es verstanden habe. Die hohen Lektionen mit Dir zu lernen und später ganz “flauschig” zu reiten war ein erhabenes Gefühl, das auf unserer engen und ehrlichen Verbindung basierte.
Ich hatte noch nie gespürt und gefühlt, wie es ist mit einem Pferd zu tanzen. UND das tolle daran war, dass DU mein Schatz immer wieder aufs Neue zum Tanz aufgefordert hast.
Du kamst mir immer vor wie ein Gentleman, der seine Lady stolz und ehrenvoll um ihre Hand gebeten und sie dann zu einem emotionalen Tanz entführt hat.
Wesentlich wichtiger ist aber, was Du mit meinem Herz gemacht hast und wie Du mich als Mensch sensibilisiert hast. Ohne Deine Lehre wäre ich nicht die Person, die ich heute bin.
So wie Du mich in Dein Herz und später in Deine Seele gelassen hast, bleibst Du in meinem Herzen und bist ein Teil meiner Seele.
Du hast mir Momente geschenkt, die so vielen Reitern verborgen bleiben.
Aber glaub mir, Du bleibst für immer mein stolzer Gentleman.
In diesem Moment höre ich unsere Grand Prix Kürmusik und spüre nochmal, wie genial Du tanzen konntest.
Ich danke Dir für alles aus ganzem Herzen und vor allem dafür, dass Du mir gezeigt hast, was blindes Vertrauen bedeutet und wie es sich anfühlt.
Irgendwann sehen wir uns wieder und bis dahin begleitest Du mich als wunderschöner Engel.
Semper fidelis.
In tiefer Liebe,
Deine beste Freundin und stolze Tanzpartnerin,
Karolin